Matthäus und das „Himmelreich“

Im Unterschied zu den anderen Evangelisten verwendet Matthäus fast durchgehend den Begriff „Reich der Himmel“, wenn es um die Botschaft Jesu vom „Reich Gottes“ gehen soll.

Die naheliegende Erklärung, dass er mit dieser Umschreibung die Nennung des Gottesnamens vermeidet, überzeugt aber nicht (zumal die Bezeichnung „Reich Gottes“ dann doch an zwei Stellen zu finden ist). Wichtiger ist aber die Beobachtung, dass im theologischen Konzept des Matthäus die Polarität von  „Erde und Himmel“, die durch Christus neu verbunden sind, eine zentrale Bedeutung erhält.

Die ursprüngliche Botschaft Jesu vom Reich Gottes als „Augenblick der Gottesnähe“, der jetzt schon das Leben verändert und das endgültige Heil potentiell schon jetzt in sich birgt, erfährt so eine starke theologische Umdeutung: Als Messias des „Vaters in den Himmeln“ handelt Jesus schon auf Erden mit von Gott verliehener Vollmacht und öffnet für die Menschen den Himmel. Als „Machtbereich Gottes“ kann der Himmel dabei durchaus auch räumlich verstanden werden.

Mit diesem Verständnis ist allerdings auch die Vorstellung verbunden, dass die Menschen sich darum bemühen müssen, in das Himmelreich eingelassen zu werden. Nicht zufällig verwendet im Matthäus-Evangelium schon Johannes der Täufer die Bezeichnung „Himmelreich“ in seiner Gerichtspredigt. Denn grundsätzlich besteht die Gefahr, den Zugang zum Himmelreich verwehrt zu bekommen und dorthin geworfen zu werden, wo – nach einer sechsmal gebrauchten Lieblingswendung des Matthäus – „Heulen und Zähneknirschen“ sein wird.

Schon auf Erden hat Jesus „den  Zwölfen“ Anteil an seiner Macht gegeben. Als dem Auferstandenen gebührt ihm nun „alle Macht im Himmel und auf der Erde“.

Petrus und die Jüngergemeinde sind  – nach Matthäus – dazu bestimmt, diese Vollmacht auszuüben: Sie lehren, urteilen und verurteilen auf Erden in der Autorität des universalen Christus.